Auf den Kleinen Lagazuoi – Aussichtsberg in den Dolomiten

Eine Wanderung auf den mitten in den Dolomiten liegenden Kleinen Lagazuoi (2778 Meter) bietet nicht nur eine großartige Aussicht, sondern lohnt sich auch für alle Geschichtsinteressierten: Im Ersten Weltkrieg verlief hier die Dolomiten-Front, noch heute kann man bei dieser Wanderung zahlreiche alte Gefechtsstellungen besichtigen.

  • Start der Wanderung: Falzaregopass, Talstation der Lagazuoi-Gondelbahn (Betriebszeiten: 23 Mai bis 22. Oktober 2023, täglich von 9.00 bis 17 Uhr; eine Bergfahrt für Erwachsene kostet 17,50 Euro (im August: 20 Euro), eine Berg- und Talfahrt 25 Euro (August: 28 Euro)
  • Anfahrt mit dem Auto: Den Falzaregopass erreicht man vom Gadertal oder von Cortino d’Ampezzo. Wer aus dem Gadertal kommt, biegt an der Hauptstraße des Gadertals, der SS 244 bei Stern/Villa in Richtung St. Kassian ab und folgt der Ausschilderung zum Valparolapass, Falzaregopass und nach Cortina d’Ampezzo. Der Falzaregopass liegt etwa 12 Kilometer hinter St. Kassian. Von Cortina aus folgt man der Ausschilderung in Richtung Falzaregopass und Valparolapass. Von Cortina sind es etwa 17 Kilometer bis zum Falzaregopass.
  • Höhenmeter: 30 Meter im Anstieg, 675 Meter im Abstieg
  • Anforderungen: eine einfache Wanderung auf gut ausgebauten Wegen; beim Abstieg sind ein paar steile Wegstücke mit dabei, die dann eher als mittelschwer einzustufen sind; auch gut geeignet für Familien mit konditionsstarken Kindern (ab 10 Jahren)
  • Beste Jahreszeit: Sommer (ab Ende Juni) und Herbst (bis Anfang Oktober)
  • Gehzeiten: 1 1/2 bis 1 3/4 Stunden

Der Kleine Lagazuoi liegt ein paar Meter außerhalb der Grenzen Südtirols, in der Provinz Venetien. Trotzdem gehört eine Wanderung auf diesen Berg schon fast zu einer Pflichtveranstaltung für alle Dolomiten-Fans. Vom Gipfel des Kleinen Lagazuoi hat man eine herrliche 360-Grad-Sicht auf zahlreiche weitere Dolomitenberge, dank Seilbahn-Unterstützung ist der Gipfel auch problemlos von Wanderern erreichbar, die keine hochalpine Erfahrung besitzen.

Im Ersten Weltkrieg ging es am Kleinen Lagazuoi weit weniger beschaulich als heute zu. Der exzellente Aussichtsberg war einer der Kriegsschauplätze in den Dolomiten. Rund um den Kleinen Lagazuoi lieferten sich österreichisch-ungarische und italienische Truppen einen erbitterten Stellungskrieg. Eine Vielzahl der während des Weltkriegs angelegten Stollen und Tunnel sind heute wieder instand gesetzt und können bei dieser Wanderung besichtigt werden.

Wer sich den mühsamen Aufstieg auf den Kleinen Lagazuoi ersparen will, kann mit der Lagazuoi-Seilbahn ganz entspannt fast bis zum Gipfel schweben. Direkt von der Bergstation aus folgt man dann dem gut sichtbaren Wanderweg, der einen in etwa 15 Minuten zum Gipfel des Lagazuoi bringt. Der Weg weist keine Schwierigkeit auf, festes Schuhwerk ist aber trotzdem empfehlenswert, denn Schneefelder können sich hier bis in den Juli hinein hartnäckig halten.

Vom Gipfel des Lagazuoi hat man dann eine fantastische Aussicht, zum Beispiel auf den Monte Pelmo und die Marmolata, den mit 3343 Metern höchsten Berg in den Dolomiten. Wer einfach nur die grandiose Aussicht genießen will, kann zurück ins Tal wieder die Gondelbahn nehmen.

Schöner und vor allen Dingen aussichtsreicher ist es aber, zur Talstation hinunter zu wandern. Dafür geht es zunächst wieder zurück zur Bergstation. Hier könnte man jetzt vor dem Abstieg noch eine Rast auf der schönen Lagazuoi-Hütte einlegen. Von der Hütte folgt man dem gut sichtbaren Wanderweg (im Winter ist hier eine Skipiste), der abwärts und in Serpentinen über die Nordseite des Berges hinunterführt. Wer die Wanderung – so wie wir – recht früh macht, also schon Anfang Juni, wird von einem Weg dagegen nicht viel sehen. Auf der Nordseite des Berges hält sich der Schnee recht hartnäckig, hier hilft es dann nur, sich seinen Weg über den breiten Bergrücken selbst zu suchen.

Tipp: Wandern über Schneefelder

Solange der Schnee nicht vereist ist, ist das Wandern auch über große Schneefelder kein Problem – ansonsten sollte man sich hier nur mit der entsprechenden Ausrüstung an den Abstieg machen. Bei Schneefeldern ohne Eis ist es wichtig, das man beim Abstieg wirklich einen Schritt nach dem anderen macht und das Gewicht auf die Hacken verlegt, um Rückenlage zu bekommen. Alternativ kann man auch die Hacken richtig fest in den Schnee hauen und sich so einen festen Stand sichern.

Zusätzlich sollte man auch seine Wanderstöcke zu Hilfe nehmen und vor dem nächsten Schritt erkunden, ob es unter dem Schnee eine Art Tunnel gibt. Erst, wenn man sich sicher ist, dass der Schnee auch hält, sollte man den nächsten Schritt machen. Natürlich braucht man so deutlich länger als beim „normalen“ Wandern, dafür kann man aber Unfälle nahezu vermeiden. Denn wenn man mit einem Bein im Schnee stecken bleibt, während das zweite Bein schon in der Vorwärtsbewegung ist, sind Unfälle bis hin zum Beinbruch leider keine Seltenheit.

Kurz unterhalb der Bergstation kommt man übrigens schon an der ersten Stellung aus dem 1. Weltkrieg vorbei, die man besichtigen kann. Es lohnt sich also, im Gepäck eine kleine Taschenlampe und eventuell eine Kopfbedeckung  mit dabei zu haben. Denn die Stellungen sind recht feucht, von der Decke tropft auch gerne mal der eine oder andere größere Wassertropfen. Weitere Stellungen folgen dann noch auf dem Weg zur Talstation.

Wenn man den Nordhang hinter sich hat, hält man sich rechts und folgt dem Weg Nummer 401. Im weiteren Verlauf hat man mehrere Möglichkeiten: Man kann entweder auf einer breiten Fahrstraße zurück zur Talstation gehen oder nimmt den rechts wegführenden Weg 402, der noch einmal dicht an den ehemaligen Stellungen vorbei, an den Südwänden des Kleinen Lagazuoi entlang führt. Egal, für welchen Weg man sich entscheidet: Zum Teil ist es hier recht steil, so dass der eigentlich leichte Weg dann doch ein paar mittelschwere Passagen aufweist.

1. Weltkrieg: Der erbitterte Gebirgskrieg in den Dolomiten

Am 23. Mai 2015 erklärte Italien Österreich-Ungarn den Krieg. Während des Kriegs gab es zum ersten Mal in der Militärgeschichte auch Kampfhandlungen im Hochgebirge. Eine traurige Berühmtheit erlangte unter anderem der Kleine Lagazuoi. Die Front verlief genau über den Falzaregopass, Valparolapass, den Hexenstein und den Kleinen Lagazuoi. Die Österreicher hielten den Gipfel des Kleinen Lagazuoi besetzt, die Italiener hatten sich an der Ostwand des Berges verschanzt. Nachdem die Italiener mehrfach erfolglos versucht hatten, die österreichische Stellung einzunehmen und die Österreicher mehrere Sprengungen am Berg durchgeführt hatten, um die Italiener zu vertreiben, trieben die Italiener schließlich vom Fuße des Berges einen Tunnel in den Berg, der erst kurz vor den österreichischen Stellung endete. Am 20. Juni 1917 wurde der Tunnel mit über 33 Tonnen Sprengstoff in die Luft gesprengt. Aber die erhoffte Wirkung bleib aus. Zwar riss die Miene einen starken Krater in den Felsen (den Schutt kann man zum Teil heute noch sehen), brachte aber keinen Bodengewinn. Heute ist dieser Felstunnel wieder instand gesetzt und kann als Alternativ-Route für den Abstieg gewählt werden.

Abstieg vom Kleinen Lagazuoi: Alternativ-Route für erfahrene Wanderer

Mitte der 1990er Jahre wurde der im 1. Weltkrieg zerstörte Felstunnel aufwändig restauriert und wiederhergestellt. Wer über Klettersteig-Erfahrung verfügt, kann den Abstieg auch über den Lagazuoi-Felstunnel machen. Zur Pflichtausrüstung gehört hier ein Helm und eine Taschenlampe. Hinweis: Der Abstieg über den Tunnel ist als „schwer“ einzustufen. Den Einstieg zum Tunnel erreicht man nach wenigen Minuten von der Bergstation der Lagazuoi-Seilbahn aus. Leider war der Tunnel bei unserem Besuch noch gesperrt, im Regelfall öffnet er ab Mitte Juni.